Überforderung im Familienalltag Wie du mit dem Hin- und Hergezerre umgehst
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Kennst du das Gefühl der Überforderung, wenn alle an dir herumzerren?

Wahrscheinlich hat jede Mama und jeder Papa dieses Gefühl schon einmal erlebt. Du kommst heim und schon ruft dich der Erste. Der nächste fragt, wann du neues Wasser kaufst, und dein Partner möchte dir unbedingt etwas erzählen, was er gerade gelesen hat.

Wenn alle gleichzeitig deine Aufmerksamkeit wünschen, dann fühlst du dich wie zerrissen. Ganz gleich ob als Mutter oder Vater. Oft zerren die eigenen Eltern, Geschwister oder Freunde noch, oder auch Kollegen oder der Chef. In Patchworkfamilien zerrt vielleicht auch noch der Expartner, weil es etwas Wichtiges zu besprechen gilt, was das gemeinsame Kind, Haus oder sonst etwas angeht.

Typische Reaktionen auf die Überforderung

Die meisten Reaktionsmuster sind zwar nachvollziehbar, schaden allerdings dem Familienleben. Hier ein Einblick in die typischen Reaktionsmuster und warum ich davon abrate. 

Situation ertragen und Gefühle erstarren lassen

Du könntest dich dafür entscheiden, die Situation zu ertragen. Dabei verlierst du immer mehr den Kontakt zu dir selbst. Deine Gefühle erstarren. Du erstarrst innerlich. Das ist ein hoher Preis dafür, dass du die Situation sehr lange aushalten kannst.

Dass du nichts mehr spürst, bringt leider einen weiteren Nebeneffekt mit sich. Nicht nur du spürst dich nicht mehr. Auch deine Liebsten spüren dich nicht mehr. Weil sie dich nicht mehr spüren, vermuten sie, dass sie dir gleichgültig sind.

Gewaltsame Befreiung aus der Situation

Lösungsmöglichkeit zwei könnte sein, dass du dich gewaltsam aus dem Gezerre befreist. Angriff ist die beste Verteidigung, heißt es ja oftmals.

Das hat leider zur Folge, dass du die anderen verletzt. Deine Liebsten bekommen vielleicht Tiefschläge ab, die sie weder erwartet noch verdient haben. Vielleicht gehen sie dabei sogar zu Boden und der Vorfall wird eure Beziehung fortan wie ein Schatten begleiten. Wahrscheinlich hast du deshalb sogar Schuldgefühle oder schämst dich, dass du so reagiert hast. Siehst aber auch keine andere Möglichkeit und beschuldigst dann vielleicht doch auch die anderen, weil sie dich in diese Lage gebracht haben. Leider unfair. 

Flucht in die Erschöpfung

Lösungsmöglichkeit drei wäre die Flucht in die Erschöpfung. Manch einer bricht unter all dem Druck und all den Anforderungen zusammen. Hilflosigkeit als Schutzmechanismus.

Du hast damit vorerst Ruhe, bist aber vielleicht auch wütend auf die anderen, weil du dich vermeintlich nur ihretwegen so schlecht und schwach fühlst.

Auch deine Familienmitglieder fühlen sich schlecht, weil es dir nun so schlecht geht.

Das Ende vom Lied: alle fühlen sich schlecht. Die Bedürfnisse nach Aufmerksamkeit, Hilfsbereitschaft, Zweisamkeit oder auch nur nach Anerkennung oder Umarmungen bleiben entweder unerfüllt und/oder werden statt mit Hingabe und offenem, liebendem Herzen oftmals aus reinem Pflichtgefühl erfüllt. Es bleibt ein bitterer Beigeschmack. Auf Dauer belastet das jede Beziehung, jede Familie enorm. 

Unehrliche Versprechen

Manch einer findet eine ganz andere Lösung. Die Lösung liegt vielleicht darin, jedem Einzelnen zu versprechen, sich darum zu kümmern. Klingt zunächst nach einer guten Lösung. Da dieses Versprechen jedoch nur aus der Not geboren wurde und es nur darum ging, für den Moment dieses Gefühl der Zerrissenheit loszuwerden, kann es sein, dass diese Versprechen nicht gehalten werden. Unehrlichkeit erzeugt Misstrauen, Enttäuschung, Wut und Verletzung. Ich bin sicher, das ist auch keine brauchbare Lösung für ein gelingendes Familienleben. Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit sind wichtig für jede Gemeinschaft. 

Flucht aus dem Familienalltag

Wenn Angst sich breit macht, dann übernimmt der Sympathikus. Kampf und Erstarren habe ich bereits zuvor benannt. Auch Flucht ist eine natürliche Reaktion auf die akute Gefahrensituation.

Manche fliehen aus dem Familienalltag heraus. Sie suchen sich ein Hobby, worin sie sich fliehen können. Versinken in der Arbeit und sind daheim gar nicht mehr präsent oder sie fliehen sich in die Arme eines Geliebten.

Ich denke, es ist klar, dass das keine Lösung sein kann. Das bringt nur zusätzliche Probleme und keine Lösung. Hier geht es schließlich nicht um den Säbelzahntiger. 😅 Wie beim Erstarren schon genannt, hinterlässt diese Variante bei den Familienangehörigen das Gefühl, dass sie dir gleichgültig sind.  

Es bringt weitere Enttäuschung, verhindert Nähe und verletzt die Menschen, die dir nahestehen und denen du etwas bedeutest. Auf Dauer hast du immer noch keine Lösung für das Thema gefunden und vermisst sicher selbst das Gefühl der Nähe und Verbundenheit. 

Hilfe von Therapeuten oder Coaches

Es kann sein, dass du deine missliche Lage erkennst und dir Hilfe bei einem Therapeuten oder Coach suchst. Die Botschaft lautet: Hilf mir. Löse mein Problem.

Manchmal kann dieser Weg sehr nützlich sein und wirklich ein Lösungsweg werden. Das hängt entscheidend davon ab, ob der Coach oder Therapeut dir wirklich helfen kann und ob du wirklich bereit bist, dich zu verändern.

Die beste Lösung: Offene Kommunikation

Es geht darum, dich zu öffnen und dich verletzlich zu zeigen. 

Ich persönlich empfehle dir die offene Kommunikation. Das sich öffnen und verletzlich zeigen. Damit verhinderst du, dass du dich als Märtyrer der Familie aufopferst, du verletzt niemanden, weil du die anderen angreifst, musst keine leeren Versprechungen abgeben und brauchst auch nicht unter der Last zusammenzubrechen. Weiterhin musst du niemanden bitten, dein Problem zu lösen, weil du es nicht kannst.

Du sagst frei heraus, wie du dich fühlst und ermöglichst deinen Liebsten somit, darauf einzugehen. Du kannst ehrlich um Hilfe bitten und wirst vielleicht erfahren, dass deine Liebsten dich gern unterstützen, wenn sie sehen, was du gerade brauchst und wie es dir in der Situation geht. Verlange bitte nicht, dass sie hellsehen können.

Übernimm Eigenverantwortung und erlaube den anderen, bei sich zu bleiben, statt immer nur dich spüren zu müssen. Trau ihnen ebenfalls zu, eigenverantwortlich, offen zu kommunizieren. Lade sie dazu ein und lebe es vor. 

Fazit

Die Herausforderung der Überforderung im Familienalltag ist real und betrifft viele von uns. Die meisten Probleme entstehen erst wirklich, weil wir die falsche Strategie wählen.

Indem wir offen kommunizieren und unsere Bedürfnisse ehrlich ausdrücken, können wir die Dynamik in unseren Familien verbessern und gemeinsam Lösungen finden, die für alle Beteiligten gesund und erfüllend sind. Dann ist es möglich, in der Familie du selbst zu sein und immer wieder Nähe und Verbundenheit zu erleben. Wie offen kommunizierst du bereits? Hast du die passenden Worte dafür, wie es dir geht und was du brauchst? Manchmal verlernen wir nämlich leider auch das. Das ist aber nicht weiter tragisch, weil du es jederzeit erlernen kannst. 

Alles Liebe

Sandra